VERNUNFT UND IDEOLOGIE









"Nie darf der Fisch
Hinauf aus seinem Grunde steigen.
Des Landes wirksamstes Gerät
Darf man den Menschen nicht zeigen."

Lao-tse Tao-Te-King, V 84
 
 
objektiv - subjektiv - relativ - absolut





Alles ist relativ und doch gibt es etwas Absolutes, aus "sich" Seiendes. Alles ist subjektiv und doch gibt es etwas Objektives und etwas für alle Gültiges.

Jeder Mensch hat eine andere Geschichte hinter sich; wie sie sich im Aussehen unterscheiden, unterscheiden sie sich "charakterlich", anlagemäßig. Und deshalb kann man über Geschmäcker nicht streiten. Allerdings verwechseln viele Menschen die Spezifik ihres Geschmacks mit "objektiver" "Qualität", weil sie die Werte ihrer Klasse für "objektiv" halten und z.B. meinen Discomusik sei schlechter als Jazz oder Buschmänner hätten eine niedrigere Kultur als Bürger der Republik Österreich oder die Juden seien besser als die Araber.

Die Menschen sind nichteinmal besser als die Bakterien. Die sich für besser halten, merken ihre Entfremdung nicht, die sich in ihrem Urteil spiegelt. Sie fühlen weder gut noch schlecht, sondern lassen es sich bestimmen von ihren Klassenführern, von "fremden Göttern". Sie leben aus konditionierten Reflexen. Insbesondere die sozialen Aufsteiger verleugnen sich selbst und halten die Massen, "die Anderen", für dumm und minderwertig. Es ist eine Art Defätismus, der für hochstehende Moral ausgegeben wird, für Tugend und so spricht man über "niedere Instinkte" oder - die "Aufgeklärteren" - über "mangelnde Sozialisation". Interesse an derartigen Urteilen haben Menschen, die ihr Selbstwertgefühl mithilfe von Unterdrückung steigern wollen.

Die Ideologie ist ein Mittel wie Alkohol oder Religion, nur ist sie vorzüglich getarnt. Sie bleibt bei den meisten Benutzern unerkannt. So lächeln viele zivilisierte Mitteleuropäer, wenn sie im Fernsehen einen Bericht über die magischen Bräuche irgendeines exotischen Volkes sehen und können sich nicht vorstellen, daß ihre eigenen Sitten außenstehenden Beobachtern mindestens ebenso absurd erscheinen würden. Wenn wir bedenken, wie schmal das Spektrum der Verhaltensweisen ist, die den meisten Mitteleuropäern zur Verfügung stehen, im Vergleich zu allen anderen auf der Welt praktizierten oder z.B. das Spektrum des tolerierten Verhaltens bei Beamten mit akademischer Bildung im Vergleich zu den Verhaltensweisen, die Pennern möglich sind, können wir ermessen, wie viel da bei einem Beamten unterdrückt werden muß. Und all das wird natürlich negativ bewertet. Und dabei verweist man nicht auf ein subjektives Interesse, ja nicht einmal auf ein Klasseninteresse, vielmehr bezeichnet man die Gründe als "objektiv". Unstandesgemäßes Verhalten gilt als objektiv minderwertig und oft sind es nur Minoritäten, die ihre Regeln zur gesetzlichen Norm für alle erheben, wie z.B. das heute noch bei den direkten oder indirekten Gesetzen zum Sexualverhalten der Fall ist, beim Verbot des Gebrauchs gewisser Substanzen, bei der vielfach wirkenden Zensur der Information usw.. Und immer wird vorgegeben, "objektive" Werte zu schützen. Die schlimmsten Tyrannen schützen "objektive" Werte.

Das für "objektiv" ausgegebene Subjektive bestärkt zwar das Selbstbewußtsein der Mitglieder der herrschenden Klassen, aber es ist verlogen und wenn ein Individuum nicht wenigstens für sich die Tatsache erkennt, daß es eine Täuschung versucht, weil es seine Vorteile wahren will, ist es selbst der Getäuschte. Dann ist dieses Individuum nicht Herr seiner selbst, sondern es dient (dem Mammon und) seinen Klassenkollegen, die wissen, was sie tun. Aber gleichzeitig schützt die Klassenideologie, solange sie unbezweifelt angenommen wird, das unwissende Individuum davor, ausfällig zu werden und in Konsequenz dessen aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden.

Die meisten Menschen bemerken nichts von ihrer Ideologie und es ist unmöglich, ihnen ihre Moral und Dogmatik als Ideologie begreiflich zu machen, denn angesichts der Todesgefahr, die die Exkommunikation für die meisten Klassenmitglieder auch in der zivilisierten Welt immer noch bedeutet, verzichten die meisten auf selbständiges Denken, bzw. beschränken es auf den Rahmen, den ihnen ihre Klasse zugesteht. Für Außenstehende (Versucher) haben sie nur Verachtung, proportional dem in ihnen liegenden Kontrapunkt der Versuchung.

Die Klassenideologie versklavt. Der Gott der Klassenideologie heißt Mammon. Es ist der Gott des Überbauches. Dieser Gott hat seine Gebote, seine Mythen und er verteilt Gewinn an seine Diener. Aber bedauerlicherweise haben seine unwissenden Verehrer einen entscheidenden Nachteil gegenüber denen, die den einen wahren "Gott" erkennen, nämlich "Ich bin der ich bin". Wer die Wirklichkeit nicht sehen kann, wie sie ist, wer subjektiv für objektiv hält, blockiert seine Wahrnehmung und damit notwendig auch seine Selbstverwirklichung. Das Ergebnis ist bestenfalls teuer erkaufter Erfolg. Identität kann nur durch ein Aufgeben aller Vorurteile erreicht werden. Wer sich den Normen seiner Klasse unterordnet und die Mythen seiner Klasse für objektiv gültig und daher ihn selbst bindend betrachtet, liefert sich aus, er läßt sich gehen.

Die Ideologie ist ein Geist mit vielen Körpern, eine Korporation, ein Vertrag, der die bindet, die sich an ihn halten. Die freien Menschen stehen über derartigen Konventionen. Sie verlassen diese Welt der Oberdienstrangordnung und dem geisttötenden Ritual. Die wissen, was sie tun, die die Erfüllung ihrer Rollen als Herausforderung zu schauspielerischer Leistung sehen können, die "Scharlatane", sind der Einsicht einen Schritt näher. Bedauernswert sind nur die, die nicht zu wissen wagen, daß sie lügen.

Es gibt etwas Objektives. Für jedes Individuum gibt es so etwas wie einen kategorischen Imperativ, der alle sozialen Normen als interessenbedingt und subjektiv durchschauen kann. Man könnte es "Bestimmung" nennen, "biologisches Programm", "Instinkt", "Trieb", etc.. Dieser innere Antrieb folgt einer bestimmten Rangordnung, die neben seiner eigenen Kraft abhängig ist von Zeit und Raum: Z.B. ist Hunger nicht immer der oberste Trieb. Manchmal ist es das Bedürfnis nach Einsicht oder nach Musik oder nach einem Schock etc.. Dieses sehr variierende innere Programm, das jeweils schon die äußeren Umstände miteinbezieht, ist das einzig Objektive, das es gibt. Die Aufmerksamen fühlen es. Es ist objektiv, aber für jeden zu jeder Zeit anders.

Was wir "allgemeingültig" nennen, sind temporäre Interessengemeinschaften. Alles ist nämlich subjektiv, auch die generellen Gesetze, z.B. die Gesetze des Gebens und Nehmens, z.B. der Satz "Das Starke wendet sich entschlossen gegen das Schwache". Alles ist relativ. Und doch gibt es etwas Absolutes. Es gibt so etwas wie absolute Kraft. Wer seine eigene Bestimmung in einem hohen Maß erfüllt, ein hohes Maß an Identität erreicht hat, hat ein hohes Maß an Kraft, an Glück, an Wissen um die Identität, um den realen Wert der eigenen Person. Und das bedeutet Unabhängigkeit und Schönheit, Harmonie und Kraft. Und hier gibt es zum ersten Mal Qualität.
 
 




DIE NEUEN JÄGER UND SAMMLER





ES IST ZEIT! - Die industrielle Gesellschaft hat eine Entwicklungsstufe erreicht, in der die Kulturformen der bäuerlichen und der darauf aufbauenden industriellen Feudalgesellschaft mitsamt ihrer Ideologie ihre Allgemeingültigkeit verloren hat und von den tatsächlichen, neuerstandenen Möglichkeiten, zu jagen und zu sammeln, abgelöst, verdrängt werden wird.

Die alten Familientraditionen lösen sich auf und verlieren ihren Sinn. Die Ideologie des langsamen Sich-Hinaufdienens in festen Institutionen verliert ihre Motivkraft, denn durch die ständigen technischen Umwälzungen müssen die Menschen zunehmend mobiler werden. Ihre Bedürfnisse sind daher nicht länger mit denen ihrer Väter identisch. Ein Mensch, der heute in die Welt hinausgeht, sieht sich Myriaden von Möglichkeiten gegenüber und er muß den Widerspruch zwischen den Idealen seiner Erziehung und den Anforderungen seiner Entscheidungen selbst lösen.

Während am Beginn der Landwirtschaft der Mythos der wesentlichen Herausgehobenheit des Menschen über den Rest der Schöpfung, der sich auf die Autorität eines von da her abstrahierten anthropomorphen Gottes beruft, der neuen naturbeherrschenden Tätigkeit ihre Rechtfertigung (=Motiv + Schutz) gab, war es zum Beginn der Industrialisierung die Weiterentwicklung dieses Mythos in der Entgeisterung der Materie, die die Welt wieder so erklärte, daß die Menschen wieder tun durften, was sie ohnehin taten und darüber hinaus noch dazu motiviert wurden.

In konsequenter Weiterentwicklung kommt der Mythos des Humanismus damit an sein Ende, Gott stirbt. Motivkraft und Schutz gehen verloren. Damit waren die Menschen vollends herausgehoben aus der Natur und identisch geworden mit dem vor langer Zeit selbstgemachten Bild Gottes, des Weltenherrschers, des außerirdischen Zauberers. Die Menschen erkannten Gott als ihr Geschöpf und so verlor dieser seine Kraft zu motivieren und zu schützen. Seine Zeit war abgelaufen, der Mythos am Ende, Gott tot, seine Altäre umgestürzt, wie einst die Baals. Weil sie so viele waren, wurde einstmals in seinem Namen das Leben der Menschen rationalisiert (Marx hat es "Arbeitsteilung" genannt) und am Ende dieser Entwicklung glaubte man, alles unter die Vernunft des Erfolgs beugen zu können. Die Menschen vergaßen, daß die Welt eine Einheit ist und daß alles lebt und alles Leben Gesetzen folgt, die die Vernunft unermeßlich übersteigen. Viele Menschen vergaßen, daß sie ein Teil der Natur sind. Die Vergangenheit hatte gezeigt, daß dieses Bewußtsein zum Überleben nicht notwendig ist. Aber sobald die Lebensverhältnisse es erlauben, sobald die Angst vor dem Tod überwunden ist, verstummt die materialistische Welterklärung vor der Frage: Wozu das Ganze? Einige finden die Antwort schon in Zeiten größter Not, denn sie ist der Ausweg aus der Not: Der Retter ist der "Ich bin der ich bin". Es ist wieder der selbe wie der alte "Gott", aber er wird neu geboren, eine notwendige Folge in der Dialektik der Natur.

Zumindest in den höchstentwickelten Gebieten beginnt die Industrialisierung von selbst, den Gesetzen seiner inneren Logik folgend, ihre unterdrückende Macht zu überwinden - und in den unterentwickeltsten hat ihre Macht noch nicht Besitz ergriffen. Jetzt ist der Kreis geschlossen, es ist Zeit.
 
 

Die wegen der relativ hohen ökonomischen Unabhängigkeit selbst der Ärmsten im modernen Wohlfahrtsstaat ermöglichte größere individuelle Selbständigkeit und Freiheit hat nun zum Beginn eines neuen Zeitalters der Jäger und Sammler geführt. Plötzlich beginnen die Höchsttechnisierten die "Primitiven" zu verstehen und die Tatsache, daß es nicht Dummheit war, die bewirkte, daß die heutigen Techniken nicht schon früher erfunden worden sind.

Manche spekulieren mit der Möglichkeit, daß es schon früher technisierte Zeiten gegeben hat, die dann durch Katastrophen endeten. Auch die Bibel tut das und in fast allen alten philosophischen Schriften finden sich Warnungen vor der Technik. Und doch scheint gerade der heutige technische Standard es zu sein, der eine neue, die Technik einbeziehende Besinnung auf Naturverbundenheit ermöglicht, eine neue lebbare Welterklärung, einen neuen Mythos nach der totalen Entmythologisierung.

Der Zauber der heilen Welt der alten Medizinen ist für viele für immer verloren. Durch unsere stufenweise Entmythologisierung haben wir uns schrittweise die Möglichkeit entzogen, uns auf etwas zu stützen, denn jede Stütze hat sich als Handicap erwiesen. Jede Identifizierung bot nur ein Zeitlang genügend Motivkraft, dann zeigten sich unerwünschte Nebenwirkungen. Von Vorbild zu Vorbild haben wir uns vorgetastet, immer neue Rezepte haben wir verfolgt, weil wir die alten durchschauten. Irgendwann kam immer der Punkt, an dem wir den Glauben an die Medizin verloren, sie ihres Zaubers entkleideten, aber dadurch auch ohne ihren Schutz blieben. Immer wieder hat uns jeder Glaubensverlust vor das Nichts gestellt und in Angst haben wir uns da herausgearbeitet, haben wir zu einer neuen Medizin, einer neuen Welterklärung, einem neuen Glauben gegriffen.

Die ungeheure Vielzahl an Möglichkeiten in der heutigen Welt verwirrt die meisten Menschen, die noch im Geist der festen Bahnen aufgewachsen sind. Ohne daß sie es wollten, sehen sie sich mit der Notwendigkeit konfrontiert, daß sie sich den Braten, den sie jagen wollen, selber aussuchen müssen. Und nun sind viele ratlos, denn davon war doch nie die Rede. Andauernd war doch das Ziel vorherbestimmt durch die Tradition. Man wußte doch, was man zu tun hatte, bis man sich die Freiheit nehmen konnte dagegen aufzumotzen. Und ständig in Gefahr, exkommuniziert zu werden, suchen wir nach Selbständigkeit und nach unseren Chancen.

Durch unsere Abtrennung vom Stamm haben wir, die wir uns zur Selbstverwirklichung entschlossen haben, uns seine Wunde gerissen, die wir nun selbst heilen müssen. Wir brauchen eine neue Erklärung der Welt, wir brauchen eine neue Motivation, damit wir unsere volle Kraft entwickeln können. Während wir uns noch bemühen, die alte Welterklärung loszuwerden, an die wir nicht mehr glauben, die uns aber immer noch in die Quere kommt, müssen wir so tun, als hätten wir sie bereits vergessen und die Schranken, die sie unserer Wahrnehmung auferlegt hat, übersteigen. Es wird daher Zeit, daß wir an unsere unbeschränkte Wahrnehmung glauben - der unbekannten Kräfte, aus denen auch wir bestehen.

Weil unsere Entfremdung durch unseren Glauben an die Zivilisation, die sie hervorgebracht hat, aufrechterhalten wird, brauchen wir ängstlichen Zweifler an uns selbst eine Motivation, die eben dieser Zivilisation entspringt und eben diese Zivilisation ist heute in ein Stadium getreten, in dem es Zeit wird, daß wir unsere Rationalisierungen aufgeben, denn sie sind nicht mehr zweckmäßig.

Die Zivilisation hat sich heute selbst überholt. Sie ist so vielfältig geworden, daß erneut urwaldähnliche Zustände herrschen und viele Menschen nomadisieren, wie in alten Zeiten vor der Einführung der rationalisierten Landwirtschaft. Der Zyklus geht wieder über ins erste, ins nichtideologische Stadium.

Im "goldenen Zeitalter" waren alle Menschen Krieger für sich selbst. Dazu brauchten sie eine klare Wahrnehmung der sie umgebenden Kräfte. Vorurteile sind tödlich für einen Krieger. Er kann sein Leben nicht nach einem theoretischen Schema führen. Die Situation veränderte sich, als Menschen seßhaft wurden und ihr Leben rationalisierten. Als die Menschen begannen, Pflanzen zu züchten und Tiere in Gefangenschaft zu halten, um sie für ihre Zwecke zu gebrauchen, änderte sich das Denken der Menschen über die Natur. Wären sie sich nicht als wesentlich besser vorgekommen als alle anderen Lebewesen, hätte ihr Gewissen gegen diese rationell-materialistische Behandlung der Tiere und Pflanzen rebelliert. Der "Geist" dieser Wesen hätte dem Geist der Menschen Schaden zugefügt.

Aus dem Interesse der rationalisierten Nahrungsproduktion (der Landwirtschaft) ergab sich die Notwendigkeit der Ideologie, des Mythos, des Glaubens an die wesentliche Herausgehobenheit des Menschen über den Rest der Schöpfung. Dazu schufen sich die Menschen ihre "Seele" und "Gott" nach ihrem Bild und Gleichnis. Nachdem sich die Ackerbauern "Gott" erschaffen hatten, um sich vor ihren Gefühlen zu schützen, ergab sich die Notwendigkeit, Gott über diese Tatsache hinwegzutäuschen. Um die Selbstlosigkeit ihres Handelns zu demonstrieren, erfanden sie daher die Opfer:

"Sieh her, Gott, wir könnten das Kalb auch selber verspeisen, das wir durch dich in unserer Gewalt haben. Aber wir wissen, daß wir es dir verdanken und all die anderen Rinder, Tiere und Pflanzen, die wir uns halten. Daher zeigen wir uns dankbar und exemplarisch entziehen wir unser Opfer unserer Kontrolle, indem wir es töten und verbrennen." Diese Geste ist die förmliche rituelle Anerkennung des unaufholbaren Verschuldetseins - weil niemand ernstlich daran denkt, die Rationalisierung wieder aufzugeben - die freiwillige Unterwerfung unter die neue "Realität" rationell demonstriert und die SeIbstverwirklichung verweigert. Diese Phase der Religion ist der Ausdruck der Rationalisierung und Entfremdung des Lebens, Symptom und Ursache des Sich-Gehen-Lassens, rituelle Anerkennung der Zweckmäßigkeit von Ersatzhandlungen. Sie ist der Beginn der schwarzen Magie, des Geschäfts mit dem selbsterschaffenen "Gott".

Aufgrund dieser Ideologie verloren die Menschen im Lauf der Zeit ihren Respekt vor der Welt und entfremdeten sich damit von sich selbst. Bedingte Reflexe haben die Wahrnehmung so überlagert, daß die Menschen nicht einmal mehr von sich aus erkennen, wann sie welche und wieviel Nahrung brauchen. Daher brauchen sie zum Überleben Vorschriften. Aber wenn der Wald von Vorschriften zum Hindernis wird, ist es Zeit, daß wir wieder erkennen, daß der Glaube an den Wesensunterschied zwischen Mensch und Tier und Pflanze nur erfunden wurde, um uns zu schützen vor dem nervenaufreibenden Wissen um die barbarische Schlächterei, die wir Menschen betreiben aus Gründen der Rationalisierung - oft nur um aus schuldgeplagter Langeweile unserem Körper ein paar Gramm Fett hinzuzufügen, die ihm an Kraft anderswo abgehen. Wenn wir dann dem "Geist" dieser Tiere und Pflanzen, die wir uns einverleiben, erlauben unseren Geist anzugreifen, indem wir uns ihm auf gleicher Stufe stehend öffnen, kann dieser uns lehren richtig für unseren Körper zu sorgen, kann er uns helfen, unsere Entfremdung zu überwinden, wieder zu fühlen, was wir sind. Und da werden wir wieder zu ideologielosen, freien Kriegern. Die Welt steht uns offen, überall sind "die ewigen Jagdgründe". Für die, die sich nicht einschüchtern lassen, durch Ideologien, die die Welt als unendliche Kraftstruktur erkennen können, wird sie zum Paradies.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

DIE AUSERWÄHLTEN
 

an sich erfahren
nichts zählt mehr
auf grund und ziel vorstoßen
verstehen warum das was ist, ist, wie es ist
glauben wissen ist macht
gott spüren das unverfügbare
nicht aufgeben
bis an die grenze gehen
mit gott ringen
die grenze überschreiten
wo wille wirklichkeit wird
EIN KRIEGER HAT MEHR VOM LEBEN
 
 






DIE VERNUNFT ALS HELFER DER BEFREIUNG
 
 

OBERSTE WERTE:
Fülle von Leben = Schönheit = das Gute = Identität

Wenn der Sinn des Lebens das leben ist, ist die beste Sinnerfüllung (= Identität) der größte Reichtum an Leben. Sein Zeichen ist Schönheit. Seine Wahrnehmung bewirkt, daß wir uns gut fühlen. Was "gut" ist, verändert sich jeden Augenblick mit den Bedürfnissen. Das Spektrum reicht vom sexuellen Orgasmus bis zum kalten Schauer über den Rücken. Was es gerade ist, errechnet sich aus dem momentanen Stand der Beziehungen innerhalb unseres Organismus und der sich ebenso verändernden Umgebung. Das ist unsere Determination. Sie erfüllt sich in der Kommunikation. Ein zu sich selber gekommener Mensch ist der, der zu allem nicht nur erzwungene sondern frei gewählte, bewußt erfahrene Beziehungen unterhält.

Wie ist das zu erreichen?
 
 

DER WEG

Wären sie nicht so verflixt schnell, könnte man ein Horoskop für die Elektronen erstellen. Wären die Menschen samt ihrer Umgebung nicht so verdammt kompliziert, könnte man alle ihre Bewegungen errechnen. Aber da es so ist, wie es ist, kann man sie nur erfühlen. So wie es ist, ist die höchste Rationalität das Gefühl. Es ist diejenige Einrichtung des menschlichen Organismus, die das Gesamt der sensorischen Tätigkeit in einen Antrieb zum Handeln verwandelt, dessen Gewißheit jedoch durch überlagernde Informationseinheiten aus dem Bereich der Ideologie überschattet wird. An dem Punkt kann die Vernunft, die durch die Schaffung der Ideologie den Menschen von sich selber entfremdet hat, zum Angelpunkt der Befreiung werden. Sie kann durch bewußte Aufmerksamkeit das Fühlen intensivieren pflegen, nicht nur im Sinn von Genußsteigerung, sondern im dialektischen Sinn von Umsatzsteigerung, Kommunikationssteigerung, letztlich bis zu dem Punkt, an dem das Fühlen total wird, wo die Welt wie wir sie jetzt kennen, sich auflöst in das Reich der Beziehungen, in dem ein Mensch nicht mehr eine vom Universum abgelöste Entität ist, sondern sich total verbindet mit dem All, eins wird mit ihm, Gott in Gott.
 
 

Als Voraussetzung dafür müssen wir uns klarmachen, daß es notwendig ist, endlich das zu tun, was wir schon lange vorhaben und nichts anderes, daß wir uns nicht vom Gesang der Sirenen von unserem Ziel ablenken lassen, daß wir derlei Ersatzhandlungen als solche zu sehen beginnen und unsere Energie von diesen Abschweifungen weg auf das Ziel richten. - Einige werden natürlich sagen, gerade die Abschweifungen sind doch das Schöne am Leben, aber sie irren. Sie haben sich nur Ausreden zurechtgelegt dafür, daß sie sich gehen lassen, daß sie ihr Ziel aufgegeben haben, sich niedergelassen haben und, nachdem die Umgebung abgegrast ist, eine Pflanzung anlegen und statt der Tiere der Erde sich Herden halten und statt der vielen Menschen einen Gatten nehmen. Aus Gründen der Rationalisierung pressen sie sich und ihre Umgebung in eine feste Ordnung, verzichten auf die Freiheit jederzeit das Richtige zu tun und füllen ihre "freie" Zeit mit Ersatzhandlungen, die das Bewußtsein der Falschheit verdrängen. Die Spuren aber bleiben:

Ersatzhandlungen "vergiften" den Körper: ob ich statt des Wiesenchampions einen grünen Knollenblätterpilz esse oder statt entschlossen zu handeln Zigaretten rauche, oder statt das Leben zu beherrschen, ein Kraftfahrzeug lenke oder statt Liebe, mir Steaks einverleibe, es schadet mir und der Welt, bringt mich in Disharmonie mit dem Universum. Das Fühlen gibt uns schon vor den körperlich sichtbaren Folgen die Möglichkeit, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden: Die Kuh fühlt, daß Hahnenfuß schlecht ist für ihr System. Die frißt ihn daher nicht. Kleinkinder erkennen oft viel genauer als ihre Eltern, was ihr Körper braucht, und dementsprechend suchen sie z.B. bestimmte Nahrung, während sie andere ablehnen; gelegentlich essen sie sogar Erde oder Kot, einerseits um Erfahrung zu sammeln, andererseits aus gerichtetem Bedürfnis, Instinkt. Es ist als ob ererbte Auslösebilder bei einem bestimmten Mangel oder Überschuß das Anzunehmende oder Abzulehnende wiedererkennen ließen.

Nachdem uns aufgrund der Ordnung des Zusammenlebens, in die wir hineingeboren worden sind, ein großer Teil der instinktiven Erkenntnis verboten und abgewöhnt worden und statt dessen die "Vernunft" eingeführt worden ist, die auf dieser Sozialordnung beruht und die weitere Überwachung der Instinkte und die Forderung der sozialen "Tugenden" automatisch übernehmen soll, wir uns also in dem Zustand befinden, in dem die Herren ihre Kinder zum Herrschen und die Sklaven ihre Kinder zum Dienen erziehen, geht es den Menschen, die sich wegen der veränderten gesellschaftlichen Bedingungen oder überhaupt von dieser äußeren Determination befreien wollen, darum, den heißen Draht zu ihrem Inneren wieder in Betrieb zu nehmen, ihre "wahren" Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen. Und wie die Vernunft die Entfremdung herbeigeführt hat, indem sie aufgrund der anfänglich tatsächlichen totalen Übermacht der Sozialisation die Motivkraft der inneren Bedürfnisse, d.h. Instinkte, beschränkt und deren Energie umgeleitet hat, so kann sie nun angesichts einer erneuten Überprüfung der Lage ihre Direktiven ändern, d.h. die vorhandene Kraft des Menschen einsetzen zur Vermehrung dieser Kraft.

Aus der Erkenntnis der gegenwärtig gegebenen realen Machtverhältnisse und der gleichzeitigen Erkenntnis der unter den Gewohnheiten verborgenen eigenen Bedürfnisse ergeben sich Motiv und Richtung der Veränderung. Der Einfluß der Ideologie kann nicht auf einmal ausgeschaltet werden, vielmehr entwickelt sich das Selbstbewußtsein in dem Maß, in dem ein Mensch imstande ist, mithilfe seiner Vernunft seine Kraft zu vermehren. Indem er Ängsten und gewohnheitsmäßigen Zwängen trotzt und dadurch herausfindet, wie begründet oder unbegründet sie wirklich sind, befreit er sich von Vorurteilen, verbessert dadurch seine Wahrnehmung und so streben seine Handlungen seinem Ziel entgegen, nämlich wirksamer, kräftiger zu werden. Mehr und mehr wird dadurch das Selbst, das im Gefühl liegt, zur Basis der Vernunft, die die Außenwelt nun nicht mehr als beherrschend, sondern als zu beherrschen vermittelt.

Einige werden nun sagen: Das ist es ja gerade, was wir ausschalten wollen, das Herrschen, das ist ja gerade das Übel. Aber da liegt ein Mißverständnis vor. Dem Krieger, bzw. dem zu sich selbst gekommenen Menschen geht es nicht um die Unterdrückung, sondern um die Kontrolle, um die Freiheit, Fähigkeit und Kraft, zu jeder Zeit das im Moment Beste für seinen eigenen Körper zu tun. Dabei ist es ebenso wichtig, nichts zu viel zu tun als nichts zu wenig. Und ein Aufhäufen an Macht über Menschen wird ebenso wie ein Aufhäufen an Reichtum, wie ein Aufhäufen von bestimmten Stoffen im eigenen Stoffwechsel nur zu unnötigen Beschwerden führen.

Die Zerstörungen, die ein freier Mensch in der Natur anrichtet, sind daher auf das zum eigenen überleben Notwendige beschränkt und die Kontrolle, die er ausübt, ist optimale Kommunikation. Das Zuviel ist es, was eine Ersatzhandlung charakterisiert und als solche erkennbar macht, wenn das gleichzeitig vorhandene Defizit ins Bewußtsein tritt.
 
 



1. DIE VERNUNFT ALS HILFE ZUR BEFREIUNG
zwei Beipiele





Es ist möglich, die Gefühle zu kontrollieren wie die Muskeln. Ich spüre etwas, das ich "Hunger" nenne und weiß, mein "Hunger" ist ein Antrieb, der auf verschiedene Weisen gelenkt werden kann, sobald das Gefühl sich in Motorik zu übersetzen beginnt. Von Asketen, Moralisten etc. wissen wir, wenn sie in ein Situation der "Versuchung" eingreifen, leisten sie einen Verzicht, der sich als Verbot ausdrückt und der eine Ersatzhandlung der zweiten Ordnung zur Abreaktion des Triebes einführt. Aber es gibt eine Möglichkeit diese Situation auch ohne Verzicht und sekundäre Ersatzhandlung zu bewältigen: Daß ich den Antrieb, den ich spüre, "Hunger" nenne, zeigt mir, daß der Antrieb einer Deutung unterliegt, denn gerade erst vor einer halben Stunde habe ich mir den Magen vollgestopft. Die Energie, die mich nun Richtung Kühlschrank treibt, hat ihren Ursprung also nicht im leeren Magen und daher ist es für mich kein Verzicht mehr, wenn ich meine Aufmerksamkeit vom Essen wegleite und mich auf Wege begebe, die die herausdrängende Energie als mir gemäßer als das Essen erkennt. Durch vergrößerte Aufmerksamkeit versuche ich das zu meiner uminterpretierten Energie gehörende Defizit zu erkennen, d.h. mit mir selber mehr eins zu werden und adäquat zu kommunizieren.

Der ideologische Defätismus, das Sich-Gehen-Lassen, bewirkt, daß wir unsere Antriebe durch einen Ersatz aus dem Nächstgelegenen befriedigen. Die Wahrnehmung ist blockiert, besser, das ursprüngliche Auslöseschema ist ideologisch überlagert und daher nur schwer erkennbar. Die Vernunft hält unseren Defätismus aufrecht, aber gleichzeitig hält sie den Schlüssel der Befreiung. Techniken sind entwickelt worden, deren Ziel das Wiedererkennen ist, Techniken der Gehirnwäsche. So gibt es, die "leere" Meditation, die also kein Bild einprägt, nicht ideologisiert (etwa die "TM") und es gibt die konträre Methode des Handelns, wie sie von indianischen Zauberern bekannt ist: Das Niederringen des uns in entfremdeter Form begegnenden Verbündeten, das gleichzeitig mit dem ursprünglichen Auslöseschema die Kraft es zu erreichen bringt. Etwas Ähnliches sagen die Geschichten von Jakob (=Israel)'s Kampf mit Gott und mittelalterlichen Heiligen, die mit dem Teufel gekämpft haben und auch Goethes Faust. Und wir alle kämpfen gegen Versuchungen.

Wenn dieser Kampf uns befreien soll, darf dahinter keine Moral stehen. Die Kriterien für das Umlenken der Energie müssen antiideologisch, autonom-rational sein, dann weisen sie in die Richtung des Selbst.

Ich weiß, daß ich mein erlebtes Gefühl nicht aus einem ursprünglichen Impuls, sondern vielmehr aus meiner Gewohnheit der Substitution heraus "Hunger" nannte, weil mein Ersatz-Essen vom Bewußtsein seiner Falschheit begleitet ist und meinen "Hunger" nicht stillt. Ich weiß, daß dieses Schuldgefühl keiner Ideologie (Moral) entspringt, keinem Vorurteil, keiner Unterordnung unter die Urteile und Verfügungen anderer, weil ich hoffnungsvoll spüre, wie die bewußte, statt der der Gewohnheit folgenden Kanalisierung der Energie meine Befriedigung erhöhen würde, weil ich in mir das Ideal des höchsten Energieflusses spüre, das Ideal, daß ich alle meine Fähigkeiten im Höchstmaß einsetze und mich vor allem nicht durch mich selber einschränken lasse. Und so versuche ich, die Energie schließlich dazu zu benutzen, meine Sinne zu schärfen und den Bewegungen meines Ideals mehr und mehr zu folgen. Ich beobachte genauer und genauer und mit der Zeit werde ich immer entsprechender reagieren und agieren, indem ich die Ersatzbefriedigungen auf ihre Ursprünge zurückführe durch eine bewußte Entscheidung für ein kämpferisches Leben.

Die Veränderung (Befreiung) beginnt als Erkenntnis mit zunehmender Motivkraft.

Ähnlich erlebte ich meine Versuch, das Rauchen aufzugeben. Ich hatte schon lange vor, es aufzugeben und unternahm einige Anläufe, aber ein Jahr lang ohne Erfolg. Aber ein paar Monate, bevor ich es endgültig aufgab, stoppte ich die Versuche, das Rauchen zu unterdrücken, und obwohl ich erkältet war und schon eine Woche fast nichts geraucht hatte und mein Husten mich plagte, sah ich, daß der Versuch, das Rauchen zu unterdrücken, mich belastete. Sobald ich den Druck aufgab und mir so viele Zigaretten gönnte, wie ich wollte, besserte sich meine Erkältung. Ich veränderte meine Rauchgewohnheiten so, daß ich nach dem besten, würzigsten Geschmack suchte und die Pall Malls, die ich auf diese Weise zuletzt rauchte, brachten mich zur Strecke; innerhalb kürzester Zeit war ich bereit, das Rauchen ganz aufzugeben, ohne Reue und ohne Probleme. Ich konnte Zigaretten nicht mehr ausstehen. Zuerst grauste mich vor allen Nicht-Pall-Malls, dann sogar vor diesen, dann wars vorbei. Als ich nach drei Tagen nocheinmal zwei Zigaretten rauchte, stellte ich fest, daß sie mir wirklich nicht mehr schmeckten. Bei der Gegenüberstellung von Geschmack und psychischer Wirkung bemerkte ich, daß es für mich hier keinen Kompromiß gab. Zigaretten schmecken mir nicht. Sie haben mir nie geschmeckt. Und die Energie, die ich damit abreagiert habe, kann ich besser gebrauchen. Und so bergen alle Ersatzhandlungen in sich den Widerspruch, die Möglichkeit der Vernunft, die Rationalisierung zu durchschauen, sich mit der Kraft des Antriebs zu verbünden und die Energie zu lenken.
 
 


2. DIE VERNUNFT ALS HILFE
ZUR KONTROLLE DER AUSSENWELT





Gleichzeitig mit der Übernahme der Herrschaft im Innern, mit der Ausschaltung der Herrschaft der Außenwelt, also gleichzeitig mit der Entideologisierung, muß der, der den Weg der Befreiung gehen will, lernen, die Außenwelt draußen zu kontrollieren.

Alle Entitäten verhalten sich ihren vordergründigen Interessen entsprechend statistisch gesetzmäßig. Wenn ein außenstehender Beobachter das Verhalten von Menschen betrachtete, würde es ihm ähnlich gesetzmäßig erscheinen wie das Verhalten von Tieren. Die Menschen bewegen sich innerhalb vorgezeichneter Bahnen, etwa wie die Elektronen. Zu sehen, wie es läuft und was zu was führt - ohne ideologische Filter - ist die Stufe der klaren Erkenntnis, die auch der Zauberer Juan als eine Etappe auf dem Weg kennt. Mit der Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten, vom physikalischen Gesetz bis zur individuellen Eigenart und Gewohnheit, wird das Verhalten der Außenwelt in Grenzen berechenbar, vorhersehbar. Es gibt Anhaltspunkte, von denen her ein Beobachter in dieses Verhalten zu seinen Gunsten eingreifen kann.

Wenn ein Beobachter ein Interesse daran hat, wird er seine Chancen sehen. Er wird zum Jäger werden. Wenn er richtig sieht, werden seine Fallen wirken. Das ist Kreativität, das ist die Stufe der Macht über das Beobachtete. Der Jäger hat gegenüber dem, was er jagt, alles Interesse aufgegeben sich unterzuordnen. Und trotzdem paßt er sich an, d.h. er erfüllt die Voraussetzungen, um einen Fang zu machen. Er unterwirft sich den Ritualen des Jagens. Wegen seiner Anpassungsfähigkeit bleiben er, bzw. seine Absichten dem Opfer verborgen. Die Anpassung des Jägers beruht nicht auf ideologischem Druck von seiten seiner Artgenossen, sondern sie ist der Ausdruck seines Willens, der aufgrund der vorurteilslosen Wahrnehmung sein Verhalten präzise kontrolliert.
 
 






DETERMINATION UND FREIHEIT





Die meisten Menschen wählen die Unterordnung statt der Lebensweise des Kriegers, weil die Kontrolle sehr viel Kraft erfordert, die sie kurzschlüssig gebunden haben. Weil ihre Anpassung unfreiwillig ist, ist sie erschöpfend. Wer sich dagegen freiwillig der Notwendigkeit anpaßt, dem bleibt die Energie, die Regeln, denen er sich anpaßt voll für sich zu nutzen. Die Freiheit des Jägers besteht darin, daß er seiner inneren Determination folgt, seinem von äußeren Zwängen befreiten Bedürfnis, und damit - sozusagen mit seinem Auslöseschema im Kopf - folgt er der äußeren Determination, bis er Übereinstimmung erlangt, das findet, was er sucht.

Das Ideal ist die Einheit von Determination und Kontrolle im totalen Fühlen, im Wahrnehmung-Sein des Tuns, in der Zurückführung der Identität auf Energie.
 
 
 
 
 
 
 
 

DIE WELLE
 

Wer könnte sagen eine Welle hätte ein Ende?
Wer könnte sagen ein schwarzes Loch
bliebe unbeeinflußt von einem Lichtstrahl?
Eine Welle wirft sich gegen den Felsen
Nachdem sie sich endlos auf dem Meer bewegt
Und löst etwas vom Stein in sich auf
Bevor sie zurückkehrt ins Meer
Scheinbar aufgesaugt wird
Aber doch die Gegenwellen bildet
Die als ihre Reflexionen an die Küsten aller Meere schlagen werden.
 
 





DER SPIELRAUM DER FREIHEIT
(DIE CHANCE DER SELBSTVERWIRKLICHUNG)





DAS UNKONTROLLIERBARE

Fische legen Millionen von Eiern: Die Hälfte fressen sie gleich selbst wieder, weil sie zufällig vor ihr Maul geraten, während sie sich in den Laichgründen aufhalten und weil Fische eben alles fressen, was ihnen Nahrung sein kann ohne Vorurteile, nicht einmal ihrer eigenen Brut gegenüber. Nur ein verschwindender Bruchteil überlebt und entwickelt sich zu den Fischen der nächsten Generation.

Von den männlichen Spermien erreichen höchstens ein paar das Ziel. Und so ist es in der ganzen Natur. Von einem ungeheuren Überfluß entwickeln sich stets nur die Spitzen weiter. Natürlich kommen die Guten genauso um wie die Schlechten, weil der Zufall keinen Unterschied macht.

Ähnlich ist es mit den Pflanzen. Manche haben Glück, der Same ist auf guten Boden gefallen, es gibt die richtige Menge von Wasser, genügend Licht etc.. Großteils entwickeln sie sich prächtig. Andere Samen fanden zum Sprießen noch ausreichende Bedingungen, für ein gedeihliches Wachstum reicht es jedoch nicht mehr. Nur wenige, gewissermaßen "Auserwählte", entwickeln sich gut und die bilden die Grundlage für erweiterte Möglichkeiten der Gattung.

Genauso ist es mit den Menschen. In manchen Gegenden sind die Lebensbedingungen ungünstig, ein "unfreundlicher Wind" läßt viele schon in der Jugend verwelken und eingehen oder bewirkt, daß sie sich zu giftigen Monstern entwickeln. Und selbst in Gegenden mit ausreichender Nahrungsversorgung wachsen die Menschen grob gesagt zu Arbeitsbienen und Königinnen heran, je nach dem physischen und emotionellen Futter, mit dem sie genährt wurden.

Das Leid ist nicht aus der "ersten Sünde" entstanden, wie manche glauben. Die Not, das Leid sind notwendige Bestandteile, Kennzeichen dieser schönen Welt, in der die Wesen aufeinander aufbauen und voneinander abhängen. Nicht nur Menschen leiden, sondern auch Tiere und Pflanzen, die ganze Schöpfung wirkt Veränderung und damit Verfall und Gedeihen. Gerechtigkeit gibt es im Universum nur als zufällige Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Und trotzdem ist die Welt wunderbar schön. Es ist die Zielvorstellung der Harmonie und der Schönheit, sie treibt die Wesen unerbittlich an, je nach ihrer Kraft dem Tod einen Tanz aufzuführen.
 
 

DIE ENTFREMDUNG

Aber diese Zielvorstellung ist nicht die einzige Wesensinterpretation, die ein Mensch mitbringt, wenn er aus der Abhängigkeit der "Erziehung" entlassen wird. Da ist etwas, das ihn abhält von seinem Ziel. Er muß Energie umsetzen, er muß sich verbrauchen, um zum Ziel zu gelangen, denn der Weg zum Ziel bietet Widerstand und damit die Versuchung zum Aufgeben. Viele Widerstände hat ein Mensch in dem Stadium bereits überwunden: Er stammt zwar vielleicht nicht vom allerbesten Samen, aber doch von einem, der sein Ziel erreicht hat. Aber die Schmerzen endloser Generationen sind in ihm ebenso gespeichert, wie die Schmerzen am eigenen Leib nach dem Schock der Geburt beginnen. Nun muß es schreien, damit es etwas bekommt. Aber bisher hat unser Mensch Glück, die Widerstände sind nicht übermächtig, die Frustrationen entmutigen ihn nicht. Er überlebt auch die Phase totaler Abhängigkeit und ist kräftig genug, sich nun seine eigene Nahrung zu suchen.

Aber während seiner Abhängigkeit war er gezwungen, seine Bedürfnisse seiner Umwelt anzupassen. Seine Eltern haben ihm Gewohnheiten anerzogen, die ihre Interessen befriedigen, und die stehen nun zusammen mit den anderen Widerständen in seinem Weg. Die Eltern haben ihm ihre Welterklärung mitgeteilt, ihr persönliches Rezept gegen den Schmerz und haben ihn gezwungen, es zu üben. Sie haben seiner Wahrnehmung Scheuklappen aufgesetzt, der flexiblen biologischen Zielvorstellung starre praktische Zielvorstellungen übergestülpt, das Ich dieses Menschen mit einem Über-Ich ausgestattet. Sie haben ihm einen automatischen Spion der Gemeinschaft eingepflanzt, der nach innen kontrolliert und nach außen sich verrät. Sie haben den Menschen gespalten.

Wenn der Mensch aus der totalen Abhängigkeit in die Phase der Selbstbestimmung tritt, ist er entfremdet.
 
 

DIE AUFHEBUNG DER ENTFREMDUNG

Aber diese Entfremdung ist der Teil des unvermeidlichen Leids, der verändert werden kann. Die Umkehr des Entfremdungs-Prozesses setzt ein, wenn der Mensch erkennt, wie bedingt sein Handeln und Denken ist durch die Anschauungen der anderen, derer, die ihn geprägt haben. Und das erkennt er aus dem Widerspruch zwischen seinen Vorstellungen und seiner Erfahrung.

Je nach den jeweiligen Bedingungen trifft auch die Entfremdung die Menschen zufällig, den einen mehr, den ändern weniger. Manche haben die Chance, sie zu überwinden, manche nicht, manche überwinden sie, manche werden von ihr überwunden. Die Startbedingungen sagen nichts über das Ziel, denn die Anreize zur Selbstverwirklichung gehen aus von Begegnungen am Weg.
 
 

DIE VERSUCHUNG

Die meisten Menschen schließen einen Kompromiß, sie akzeptieren die Entfremdung, sie kennen keinen Ausweg und machen es daher wie die anderen: Sie verzichten auf die Selbstverwirklichung und befriedigen sich mit den alltäglichen Teilzielen, während sie sich mithilfe einer Ideologie oder Droge mehr oder weniger bewußtlos halten. Dieser Kompromiß ist ein Angebot der Gemeinschaft, die ihn honoriert - ein verzeihlicher Fehler, ja gar kein Fehler, da fast alle ihn haben, nämlich, daß die Lebenskraft sich in ihnen nicht im Höchstmaß entfalten kann. Sie hegen daher ihre Welterklärung, diese Droge, damit nicht der Verdacht aufkommt, es gäbe einen Ausweg, sie könnten etwas unternehmen. Obwohl sie es insgeheim besser wissen, vertrauen sie der Sicherheit, die die Gemeinschaft gibt und finden sich ab mit den Beschränkungen.

Bisher ist ihnen nichts begegnet, das ihnen die Kraft gegeben hätte, zu sich selbst zu kommen, den Kompromiß aufzuheben, in einen verstärkten Überlebenskampf einzusteigen, der die Loslösung von den festen Strukturen der Gemeinschaft bedeutet.
 
 

DER WENDEPUNKT

Diese Loslösung ist wie eine zweite Geburt, die manche verweigern und manche nicht überleben.

Sie beginnt mit der Erkenntnis, daß wir allein sind in der Welt und für alles bezahlen müssen, auch für die Dienste der Gemeinschaft. Von hier an können wir nichts mehr voraussetzen. Wir müssen für uns selber sorgen. Und wir erkennen, daß wir für uns selber sorgen können - ohne daß wir uns sorgen müßten - weil wir von Natur aus dazu bestens ausgerüstet sind, die Maßstäbe und Instrumente in uns selber haben.

Mit der Erfahrung der Ideologie als solcher, wenn die Verdrängung des Widerspruchs zwischen Welterklärung und Welterfahrung nicht mehr funktioniert, hat die entfremdende Welterklärung ihre dominierende Stellung verloren, aber gleichzeitig damit hat der Mythos, der ein Teil der Ideologie ist, seinen Zauber, seine motivierende Kraft eingebüßt. Die Medizin unserer Eltern ist verdorben, hat ihre Heilkraft verloren, ihre tröstende Wirkung auf die Unzulänglichkeiten des Lebens.
 
 

VORAUSSETZUNGEN DER WENDE (VORBILDER)

Das geschieht, wenn ein Ausweg in Sicht kommt. Der Grund für den Niedergang einer Weltanschauung liegt im Vorhandensein alternativer Ideale innerhalb seiner Reichweite, mit deren Gewicht ein Mensch den Druck der Gemeinschaft aufheben kann. Diejenigen Menschen, die unzufrieden sind, öffnen ihre Sicht über die Grenzen ihrer Gemeinschaft hinaus und, wenn sie Glück haben, erspähen sie draußen ein Ideal, das ihnen durch Identifikation erlaubt, sich vom entfremdenden Einfluß ihrer Gemeinschaft zu befreien. Natürlich kann es sein, daß die Verwirklichung eines derartigen Ideals die Kräfte unseres Individuums übersteigt. Umso umsichtiger ein Mensch ist, umso mehr sich sein Horizont erweitert, umso mehr muß er lernen, aber umso näher kommt er sich selbst und umso deutlicher wird ihm die Notwendigkeit, über sein immer noch entfremdetes Bewußtsein verfügen zu können.
 
 

VERNUNFT ALS HILFE

Weil unsere Entfremdung durch ein Zusammenwirken von Erfahrung und Welterklärung erreicht wurde, kann nun die Vernunft mithelfen, den Prozeß der Entfremdung umzukehren.

Die Erfahrung der Entfremdung ist der Wendepunkt, von dem aus ein Mensch das volle Leben ansteuern kann. Die bewußte Erfahrung der Entfremdung gibt ihm gerade die nötige Kraft und Sicherheit, daß er sich auf den Ausweg macht, denn die Erfahrung der Entfremdung ist die Offenbarung des Größeren, der Kraft, des Selbst, das seine Gelegenheit, sich durchzusetzen, erkannt hat, das den Ausweg erspäht hat.
 
 

SACKGASSEN

Allerdings gibt es hier Sackgassen, wenn aufgrund zufälliger widriger Umstände die Aussichten des Selbst zunichte werden und das Selbst den Kampf aufgibt, der Mensch sich geschlagen der erreichten Stufe der Gemeinschaft einfügt und sich mit der jeweiligen Ideologie tröstet, ihre Schutzschilde aufnimmt, um sich nun gegen seine eigenen in der Wirklichkeit wiedererkannten Auslöseschemata zur Wehr setzt, sie verdrängt, seine Träume vergißt - oder sich gar umbringt, weil seine vermeintliche Niederlage einen Stimmungsumschwung bewirkt hat, den Antrieb, die Erkenntnis des Selbst verdunkelt hat, weil eine andere Kraft stärker war und sich durchgesetzt hat.
 
 

VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN

Aber vorher, vor der Resignation, vor dem Defätismus gibt es die Chance, daß der Mensch sein Leben selber in die Hand nimmt und beginnt, sein Bewußtsein zu formen durch eine Beseitigung der alten, unnützen, giftig gewordenen Medizin, der alten Vorurteile, der alten Schutzschilde der Ideologie, und daß er sich neue zulegt, deren Relativität er kennt, die seiner Kontrolle unterliegen — neue Postulate des Absoluten, neue Glaubensformeln, neue Mythen, neue Motive und Stimmungsmacher, Methoden der Gehirnwäsche, Wertrangordnungen, Welterklärungen.

Das Bewußtsein der Entfremdung ist also der Ansatzpunkt der Umkehr, der Wendepunkt zur Aufhebung der Entfremdung. Wenn ein Mensch anfängt, über sein Bewußtsein frei zu verfügen, weiß er, daß die Gesetze, denen wir folgen, nicht notwendigerweise Naturgesetze sind, sondern von den Menschen eingeführt zu einem bestimmten Zweck.
 
 

URSACHE DER ENTFREMDUNG

Die Ursache der Entfremdung ist die Verschleierung dieser Motive.

Unser Mensch hat bereits eine lange Tradition der Rationalisierungen aufgebürdet bekommen, die wie ein geistiges Labyrinth auf ihn wirkt. Begonnen hat das alles vor vielen Generationen, möglicherweise mit der Einführung der Landwirtschaft. Die Menschen begannen, sich Tiere zu halten, weil sie sich nicht mehr der Mühe des ständigen Jagens unterziehen wollten. Sie wollten sich gegen die Zufälle der Natur versichern, sich die Natur unterwerfen. Aus Bequemlichkeit sozusagen rationalisierten sie ihr Leben. Aber sie erreichten damit nicht nur, daß sie es wirklich bequem hatten. Sobald die Menschen sich Tiere unterwarfen, mußten sie ihr Denken über diese Tiere ändern. Sie mußten sich über die Tierwelt herausheben. Und das bewirkte eine neue Sicht der Welt und gleichzeitig eine Entfremdung von seiner Natur.

Als logische Fortführung ihrer neuen Erfindung, dem hierarchischen Stufendenken, mußten die Menschen "Gott" einführen, als Spitze der Pyramide, in der sie selbst über den Tieren, diese über den Pflanzen, diese über der Materie, diese über dem Nichts standen. Wie die Landwirtschaft das konkrete Produkt der Rationalisierung war, ist Gott deren abstrakte - aber bewußtseinsverändernde Konsequenz, die Verschleierung des Motivs. Die Bequemlichkeit war das Motiv, das nun verdrängt werden mußte und diese Verdrängung führte notwendig zu einem verzerrten Weltbild.

Gleichzeitig aber bewirkte die tatsächlich erreichte Bequemlichkeit, die durch das einfachere rationalisierte Leben ermöglicht wurde, die sich also selbst bestätigte, daß gewisse Fähigkeiten, die der Krieger noch besessen hatte, verkümmerten, denn diese Fähigkeiten waren nun zum Überleben nicht mehr notwendig - aber diese Fähigkeiten, insbesondere die der totalen Aufmerksamkeit, sind für die ideale Selbstverwirklichung notwendig. Der Preis der Rationalisierung, der Bequemlichkeit, des Sich-Gehen-Lassens ist das Selbst, das nicht zu sich selbst kommen kann, das sich nicht bewußt als unendlich erfahren kann, weil das in der nunmehrigen Weltanschauung des Ich keinen Platz mehr hat.

Dem rationalisierenden Menschen ist das einsatzlose Überleben, die Sicherheit, wichtiger wie das erfüllte Leben, er kann sich daher gehen lassen, soweit sein Überleben dadurch nicht unmittelbar gefährdet ist. Die Rationalisierung ist der Ausdruck des Sich-Gehen-Lassens. Am Höhepunkt der Rationalisierung steht das bequemste Leben, ein Leben ohne Anstrengung, das Leben als Spiel. Aber selbst der Playboy, der schon an diesem Ziel ist, merkt irgendwann, daß Spiel nicht alles ist, daß das Leben nach mehr verlangt.

Nicht umsonst sind Agentenfilme so gefragt, denn da geht es, wenigstens vorgeblich, um totalen Einsatz, Einsatz des Lebens.
 
 

DER ANSATZPUNKT DER BEFREIUNG

Die Rationalisierung, bzw. das Sich-Gehen-Lassen sind also der Ansatzpunkt der Befreiung, da sie zur Entfremdung geführt haben.

Die Schwierigkeit der Befreiung liegt in der Motivation. Darin, daß wir eine geeignete Motivation suchen und finden liegt die Chance unserer Freiheit. Sie beginnt mit einem vorläufigen Vertrauen auf uns selbst, mit einem Kredit, den wir uns selbst geben, mit dem Glauben an uns selbst. Dieser Glaube wird gestützt durch die Erkenntnis, daß die unermüdliche Hoffnung auf die tatsächliche Möglichkeit der Selbstverwirklichung unsere einzige Hoffnung ist, weil sie uns antreibt, uns nicht in den todbringenden Pessimismus und Defätismus verfallen läßt, sondern uns über die Zeiten der Depression hinweg die Kraft gibt, uns nicht unterkriegen zu lassen. Mit dem Bewußtsein von der Komplexität der Wirklichkeit, das wir aus unserer Erfahrung des Widerspruchs der Ideologie haben, bekämpfen wir die entfremdenden Vereinfachungen der Rationalisierung. Die Erfahrung des Widerspruchs der Ideologie hat uns gezeigt, daß die Rationalisierung im Grunde ein Kurzschluß ist, eine Verweigerung der Aufgabe, des Auftrags der biologischen Zielvorstellung, nämlich die Wirklichkeit in ihrer vollen Komplexität anzuerkennen. Aus unserer Erfahrung der Entfremdung wissen wir, daß unser Selbst nur zu sich selber kommen kann, wenn es nichts verleugnet, sondern alles merkt, alles fühlt.

Indem wir uns sozusagen freiwillig dem Zwang dieses Größeren, dieser Wirklichkeit unterwerfen, anstatt uns zu verweigern, ihm vielmehr vorauseilen, gewinnen wir die Möglichkeit zunehmender Kontrolle. Wer im Strom einfach nur mitschwimmt, kann leicht angeschwemmt werden oder zerschellen, nur wer schneller schwimmt, behält die Kontrolle. Wer zur Anpassung gezwungen wird, steht unter Zugzwang, er hinkt hinter der Wirklichkeit her; nicht daß er sich weniger anstrengen müßte, aber ihm fehlt die Freiheit, seine eigenen Interessen zu verfolgen. Er ist der Gejagte. Der Tod ist ihm auf den Fersen.

Wer sich an sein Ich klammert, das er rationalisierend an die Stelle des Selbst gesetzt hat, wer sein Talent vergräbt, die Anpassung verweigert, schwächt sich durch seine Starrheit, durch seine Vorurteile.
 
 

DAS IDEALE LEBEN

Der Krieger dagegen gewinnt Kontrolle, indem er die Wirklichkeit anerkennt, sich unter das Gesetz der Unausweichlichkeit beugt, sich anpaßt, wie ein Jäger sich tarnt. Dadurch kann er seine Umgebung überlisten, dadurch kann er der Stärkere sein. Dadurch kann er alles haben, was er braucht.

Der Krieger verweigert die Anpassung nicht, er übertrifft die Anpassung ("Seid schlau wie die Schlangen..." heißt es im Evangelium). Der Krieger hat seine Umgebung beobachtet, er kennt die Tarnung, die er braucht und er hat sich so weit in der Hand, daß er sich allem anpassen kann. Aber immer ist seine Anpassung seinen Interessen untergeordnet. Die "biologische" Zielvorstellung des Selbst dirigiert ihn. Das Leben des Kriegers ist befriedigend, weil er ständig über sich selbst hinausgeht und dadurch ein unübertrefflich reichhaltiges Leben führt. Daher ist das Leben des Kriegers ein ideales Leben. Und die Tatsache, daß viele Völker jedes ihrer Mitglieder zum Krieger ausgebildet haben, beweist, daß ein derartiges Leben nicht nur die Sache einiger Privilegierter, sondern die eines jeden sein kann. Im Vergleich zum Krieger ist einer, der seine Kraft nicht vermehrt, sondern eher verringert, indem er sich gehen läßt, in keiner beneidenswerten Situation. Er gleicht dem Knecht im Gleichnis Jesu, der das eine Talent, das er bekommen hatte, ungenützt ließ und dem sein Herr zuletzt auch noch dieses eine Talent nimmt und es dem gibt, der schon zehn hat.
 
 

DIE RICHTIGE RICHTUNG

Damit wir unsere Entfremdung aber überwinden können, müssen wir wissen in welche Richtung wir gehen müssen. Denn die Erkenntnis, daß die eigenen Vorstellungen von den anderen Menschen abhängig sind und das eigene Selbst praktisch gar nicht vorhanden ist, sondern sich nur als Ich eingebildet hat, diese Erkenntnis reicht für sich allein nicht aus.

Sobald ein Mensch sich so weit befreit hat, daß er nicht mehr nach den Geboten anderer lebt, sobald er auf sich selber hört und das, was ohnehin jeder mehr oder weniger spürt, beginnt wahrzunehmen, mehr und mehr, wird er bemerken, daß wir die Regeln, nach denen wir funktionieren und kommunizieren, in uns haben, daß wir Gebote also gar nicht brauchen. Daß wir das Gesetz in uns tragen, ist eine ganz natürliche Voraussetzung für unser Überleben.

Es gibt so etwas Ähnliches wie das, was die Psychologen Auslöseschema nennen. Ich gewinne diesen Begriff, indem ich den Menschen, ja alle Wesen der Natur sehe, indem ich zurückblicke auf die Ahnenreihe dieses Wesens, bzw. seine Geschichte und sehe, woher es kommt. Damit beginne ich das ganze ungeheuer komplizierte System zu begreifen, das die Welt ist, und zu sehen, wie sie sich unter anderem in dieses konkrete Wesen, das ich betrachte, verwandelt hat, im Verlauf einer unabsehbaren Geschichte, und wie jedes Glied der Kette im nachfolgenden gespeichert enthalten ist. Auf irgendeine wunderbare Weise sind alle Erfahrungen der Vorhergehenden in den Nachfolgenden drin. Und so hat der Mensch in seinem Bewußtsein "Auslöseschemata", die alte Erfolgs- oder Mißerfolgssituationen darstellen. Und immer wenn so ein Bild auftritt - und diese Bilder treten ständig auf, je nach der Situation, in der man sich befindet, wird. Vermutlich wird durch den Computer, der das Hirn ist, das genau passende Auslöseschema herausgesucht. Es wird gefunden, indem der Körper sein innerstes Wesen in die Welt spiegelt, die Welt, wie er sie wahrnimmt, vergleicht mit seinem innersten Wesen und dabei das herausbringt, was paßt. Und das Handeln darauf ist das Richtige.
 
 

ZUNEHMENDE KRAFT

Im Versuch sein Leben zu führen, sobald ein Mensch das Stadium der Gebote überschritten hat, sobald er zum autonomen Menschen wird, werden die Auslöseschemata immer klarer. Es wird ihm mehr und mehr bewußt, was er eigentlich will, was sein Körper will. In Kommunikation mit der Welt werden die eigen(tlich)en Bedürfnisse immer mehr bewußt in Form eines Bildes, in dem der Mensch wiedererkennt, was er braucht und das Gesuchte sofort in der Außenwelt identifiziert, zielgerichtet darauf los geht, und es so behandelt, wie es seinen Bedürfnissen, die sich in Form von immer neuen Bildern, Auslöseschemata äußern, entspricht.

Der eigene Antrieb wird immer klarer. Immer mehr löst sich der Mensch von der Welt der Entfremdung, der Gebote, der "Menschensatzungen" und gelangt zur Sicherheit der Motivkraft seiner natürlichen Bedürfnisse.

Immer klarer werden dir auf diese Weise die Auslöseschemata, bis du Kategorien erreicht hast, durch die die Macht über dich selber dir Macht über andere Menschen verleiht, weil die nun erreichten Bedürfnismuster auch in anderen Menschen vorhanden sind, auch wenn die es nicht bemerken. Trotzdem wirken sie. Es ist dies der Punkt, an dem die Auslöseschemata so klar sind, daß wir uns ihnen nicht nur anpassen, sondern sie ausspielen können, sie anderen vorspielen können. Die Menschen, die diese Kontrolle nicht haben, werden dadurch zu Abhängigen, die von dem dirigiert werden können, der die Magie, die Medizin, die Kontrolle hat, weil er es ist, der ihnen den Ausweg zeigen kann. Das tun die Medizinmänner.

Dann aber kommt der Punkt, an dem die Macht, die man über andere hat, ihren Reiz verliert, denn der Weg geht weiter. Natürlich birgt die Phase der Macht die Gefahr, darin steckenzubleiben. Und aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Talente, kommt es auch vor, daß jemand die Magie hat, von seiner Befreiung aber noch weit entfernt ist, wie bei Hitler und anderen "bösen" Zauberern.
 
 

DIE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN

Nach der Umkehr, dem Wendepunkt, an dem der Gebotsgehorsam, die Außenleitung aufgegeben worden ist, erkennt man, daß man ständig dagegen kämpfen muß, sich gehen zu lassen. Auch mit zunehmender Kraft bleibt die Versuchung, stehenzubleiben. Der Mensch, der sich befreien will, muß daher sein Leben fest in die Hand nehmen. Er muß dafür die Verantwortung übernehmen, denn es gibt keinen, der sie ihm abnehmen könnte. Er muß sein Leben selbst regeln, die Kontrolle und die Initiative ergreifen. Dann führt der Weg im ständigen Kampf um die optimale Kommunikation in Richtung vorwärts. Dann erreichst du mehr und mehr, was du willst und langsam löst sich deine Entfremdung, indem du deinen Willen von hemmenden Gewohnheiten und Vorurteilen befreist.
 
 

VOLLENDUNG

Dieser Weg führt zur Vollendung, aber es ist nicht eine Vollendung in einem Ende oder einem ewigen statischen Gleichbleiben. Dazu wird es nie kommen, es geht vielmehr immer weiter. Der Kampf geht immer weiter, auch noch wenn er sich in Wirklichkeitsebenen fortsetzt, die unserer jetzigen Wahrnehmung entzogen sind. Alles wird dann möglich. Und von da her werden dann Geschichten verständlich wie die von Elias, der eines Tages sich aus freien Stücken von seinen Freunden und der Welt verabschiedet und sich in Gegenwart seines Schülers in Luft auflöst, mit einem "feurigen Wagen" abgeholt wird. Oder ähnliche Geschichten. Das waren Menschen, die zu einer derartigen Vollendung gekommen sind.
 
 

DAS ZIEL

Das Ziel ist die Identität von Fühlen und Handeln. Ein Mensch, der den Anregungen der Kraft vollkommen folgt, wird so ausgefüllt sein, daß er seine Tätigkeit gar nicht mehr als von sich abgetrennt bemerkt, sondern selber zur Energie wird.

An dem Punkt erkennt er, daß die menschliche Form und die Materie nur so lange die bekannte Form behalten, als zwischen dem Fühlen und dem Handeln eine Diskrepanz besteht, so lange die Entfremdung, so lange dieses Vorurteil über die Welt besteht. Sobald sich aber die Entfremdung auflöst, wenn ein Mensch also an den Punkt gekommen ist, an dem der Weg zwar immer weiter geht, aber trotzdem die Vollkommenheit erreicht ist, ist alles möglich. Dann ist ein Mensch zwar weiterhin ein Mensch, aber er ist auch alles andere.
 
 






EIN WISSENSCHAFTLICHER WEG ZUM HEIL:
DER IDEOLOGIEFREIE MYTHOS





DER WENDEPUNKT

Ein Wendepunkt ist erreicht. Die Wissenschaften und die Technik haben die Grenzen der Rationalität überschritten, die Ideologien und Heilslehren die Grenzen der Rationalisierung. Es ist Zeit für eine Wissenschaft des menschlichen Heilswegs, die alle andern Wissenschaften in eine neue Dimension versetzt.

Bei vielen ist heute die Gläubigkeit an die Wissenschaft ins Wanken geraten, weil die Wissenschaften unter die Direktion des Geschäftsgeists gestellt worden sind, weil Wissenschaftler, Techniker und Politiker sich auf nebulose Moralen berufen haben, während sie sich nur den Bauch vollschlagen und Einfluß haben wollten.

Inzwischen ist aber die Demokratie in den höchstentwickelten Industrieländern so weit fortgeschritten, daß den Massen alle überkommenen Ideale und Mythen einer Gesellschaftsordnung, die sie unterdrückt hat, von sich stoßen und nach Information verlangen darüber, wie sie dem Geschäftsgeist entrinnen und sich selbst verwirklichen können. Sie verlangen nach einem ideologiefreien Weg zum Heil, der sie zu Lebzeiten befreit. Sie verlangen nach einem sicheren Leitfaden für ihr Leben, der im Sinn der Wissenschaftlichkeit überprüfbar und technisch verwertbar ist, d.h. von jedem Individuum entsprechend nutzbringend angewendet werden kann. Es geht um die Regelmäßigkeiten und Zusammenhänge in menschlichen Schicksalen, die immer wieder kehren, die Struktur der Wirklichkeit, die die Gesetze des Lebens beinhaltet. Eine Information über diese Gesetze soll in das Handeln der Menschen etwa die selbe Klarheit bringen, wie die Relativitätstheorie in das Verständnis der Materie.

Gegenwärtig lösen sich die Dogmen und Tabus der vergangenen Jahrhunderte überall auf und erzeugen ein Vakuum der Lebensweisheit, das derzeit viele in Protest-Sektierereien treibt, das aber danach drängt universal, für alle gültig, wissenschaftlich aufgelöst zu werden.
 
 

DAS MOTIV DER WISSENSCHAFT

Ein wissenschaftlicher Weg zum Heil ist deshalb heute notwendig, weil der Weg der Wissenschaft - trotz aller Bedenken gegen ihre Motive - ein Weg ist, der zuerst das gesamte Leben der industrialisierten Welt durchdringen muß, bevor er überwunden werden kann, denn wenn die Vernunft einmal angefangen hat, Dingen auf den Grund zu gehen, werden die Zweifel nicht eher schwinden, bis Gewißheit erreicht ist. Das ist die Stoßrichtung der Motivkraft der Vernunft, gleich ob es sich um die Erforschung der Struktur der Materie oder die der Beziehungen des Individuums zu den Gesetzen des Universums geht. Die Wissenschaftlichkeit ist eine Welle, die die Welt durchzieht und die gegenwärtige Welle der Rationalisierung, der Vernunft, wird die ganze Menschheit erfaßt haben müssen, bevor sie durch eine neue Welle abgelöst wird. Erst war es das Wissen um den Antrieb, der die Menschen leitete, dann der Glaube an die Gesetze der Übernatur, dann die Naturwissenschaft und jetzt das Wissen um die Antriebskraft des Glaubens, die Heilswissenschaft.

Das Motiv einer wissenschaftlichen Erforschung der Bestimmung des Menschen ist die mögliche bewußte Einflußnahme, die sich aus der Beobachtung der Wirklichkeit ergibt. Das Motiv ist die bestmögliche Bewältigung der Probleme, die höchste Rationalität, die Vollendung, der vollkommene Mensch, Jeder Mensch ist ein Produkt dieses Universums, das ihm die Form seines Körpers und dessen Funktionen Gesetze und Möglichkeiten auferlegt hat. Die Vernunft ist eine davon. Sie entschlüsselt diese Gesetze für ihn und unsere Wissenschaft kann der Vernunft jedes Individuums dabei helfen und der hemmenden Wirkung der gängigen Ideologien entgegenwirken. Die Wissenschaft hat heute von der Religion die Funktion übernommen "Bewahrerin der Wahrheit" zu sein. Ihr Wahlspruch "Wissen ist Macht" wird sie zur machtvollsten Art des Wissens führen, der Kontrolle der eigenen (menschlichen) Form. Deshalb untersucht unsere Heilswissenschaft ihr Objekt, die menschliche Realität, mit dem Ziel, durch die Herrschaft über sich selbst den höchsten Energiefluß zu erreichen. "Herrschaft über sich selbst" versteht sie als totale Anpassungsfähigkeit, denn es gibt keine Herrschaft über die Realität direkt, wir haben nur die Wahl des Raums unserer Anpassung. Unsere Heilswissenschaft wird uns dabei helfen, durch Information über Ziele, Anpassungsformen und entsprechendes Know-how.
 
 

DIE RELATIVITÄT UND DER FIXE PUNKT

Die klassische Physik wie die euklidische Geometrie kannten nur die statistischen Gesetzmäßigkeiten aus dem damaligen Erfahrungsbereich der Menschen und dem entsprachen damals die Gesetze der Religionen, deren Relativität unerkannt war. Der wissenschaftliche Weg zum Heil beruht auf der Erkenntnis der RELATIVITÄT DES VERHALTENS DER MENSCHEN und stößt in dessen Untersuchung auf eine Struktur der Wirklichkeit, die die Relativität dessen offenkundig macht, was wir naiv wissenschaftlich denkenden Menschen für das Festeste, Sicherste überhaupt gehalten haben, die Materie, die Körperlichkeit unseres Körpers.

Die technische Verwertung des Wissens um die Möglichkeit der totalen Anpassung setzt nichts voraus, außer Vorurteilslosigkeit und ein ausreichendes Interesse an den sich durch sie ergebenden Möglichkeiten.

Die Begriffe "Wissenschaft" und "Heil" scheinen Widersprüche zu sein, aber sie sind es nicht. Das Heil war immer schon das Motiv der Wissenschaften. Wie Archimedes verlangte, "gebt mir einen fixen Punkt und ich hebe die Welt aus den Angeln", haben die Wissenschaften nach diesem festen Punkt gesucht, oder nach dem Stein der Philosophen oder nach dem Gral oder nach Gott oder nach der Energiequelle. Und obwohl die heutigen Wissenschaften die Relativität aller fixen Punkte erkannt haben, suchen sie immer noch danach. Immer noch werden Daseinszustände mit Namen versehen, als seien sie fixe Punkte, denn als solche werden sie technisch verwertbar. Mit anderen Worten: "Der Mensch und seine Interessen" bilden immer den festen Kontrapunkt zu den Objekten seiner Forschung. Bei der Erforschung seiner Beziehung zum Universum zeigt ihm seine Naturwissenschaft die Bodenlosigkeit der Materie, die Wissenschaft von sich selber die Bodenlosigkeit seines Wesens, sowohl historisch als strukturell, und am Ende bleibt ihm doch die Erkenntnis: Das Variable ist die eigene Form, das Invariable die äußere Form, die Umwelt.
 
 

WAS BIETET DER WISSENSCHAFTLICHE HEILSWEG

Die Heilswissenschaft forscht nach der Weise, in der das "Ich" die Struktur der Kräfte regeln kann, denen es unterworfen ist, wodurch es die Gestalt erreichen kann, die der Identität von "Bedürfnis" und Wirklichkeit entspricht. Die alte Frage "Was tun?" läßt uns in die Eigenheiten des Menschseins eindringen und durch eine vorurteilslose Betrachtung der gegebenen Beziehungen zu einem mit wissenschaftlicher Sicherheit verbürgten Weg zu diesem Ziel gelangen, der Identität von Ich und Selbst. Dafür die Ausdrücke "Glück", ''Zufriedenheit" etc. einzusetzen, würde bedeuten, das Ziel durch die Ideologie des "Normalbürgers" einschränken zu lassen. Aber auch diese Stadien durchdringt die Wissenschaft des Wegs zum Heil und wird damit auch für den "Normalbürger" brauchbar. Sie wird für jeden brauchbar, was immer er für Ziele haben möge. Sie eröffnet für jeden eine neue Aussicht und die Möglichkeit die Schranken seiner gegenwärtigen Existenz und Wirklichkeit zu übersteigen und das für ihn erreichbare Höchstmaß an Identität bzw. Energiefluß zu erreichen.
 
 

HÖCHSTES ZIEL: IDENTITÄT = HÖCHSTER ENERGIEFLUSS

Ein wissenschaftlicher Heilsweg muß mit einer Untersuchung des "Wesens" des Menschen beginnen, das wir mit der Behauptung umschreiben, das höchste Ziel, die höchste Befriedigung, die Vollendung der Fähigkeiten eines Menschen besteht in einer Maximierung seines Energieumsatzes, im ungehinderten Energiefluß zwischen dem "Bedürfnis", dem Mangel, dem Auslöseschema und dem, was darauf paßt, also die Entsprechung der Gegensätze, die Schließung der Marktlücken, die Identität von Vorstellung und Wahrnehmung unter der Kontrolle des Menschen.
 
 

DIE RELATIVIERUNG DES MENSCHEN

Der die Wissenschaft anwendende Mensch ist Souverän und Ziel seiner Forschung. Aber wenn ein Mensch wirklich Kontrolle über sein Leben erlangen will, muß er vorurteilslos sein, also mit der Möglichkeit rechnen, auf Kräfte zu treffen, die die seinen übersteigen, und diese Kräfte als solche anerkennen zu müssen. Ähnlich wie die Astronomie den Geozentrismus überwunden hat und damit die Bewegungen des Erdkörpers berechnen hat können, wird die Wissenschaft des Heilswegs den Anthropozentrismus und auch den Egozentrismus als Illusionen hinter sich lassen und aus der Relativität des "Ich" dessen Möglichkeiten erkennen.
 
 

WAS IST "ICH"?

Vorerst müssen wir klären, was jemand meint, wenn er sagt "ich", bzw. was das "Ich" nun, abgesehen von den Vorurteilen unseres konkreten Ich, sein könnte. Am besten beginnen wir beim Ziel: Was gehört zu einem Ich, das sich so wohl fühlt wie nur möglich? Durch unsere tägliche Erfahrung stellen wir fest, daß es individuelle Unterschiede gibt im Grad der Selbstverwirklichung. Grob gesagt gibt es unglückliche, kranke, dahinsiechende Menschen und es gibt strahlende, blühende energieversprühende Menschen.
 
 

ZEICHEN UND MOTIV:
SCHÖN = GUT (VOLLKOMMENHEIT, IDENTITÄT)

Der Unterschied kann vom betroffenen Individuum gefühlt werden und er zeigt sich nach außen. Das äußere Zeichen, das wir wiedererkennen ist das Kriterium "Schönheit". Die Menschen sind auf der Suche nach Schönheit, Vollkommenheit. Diese ist ein Auslöseschema, auf das alle Menschen ansprechen. Jeder individuell verschieden, gemäß seinen jeweiligen Bedürfnissen. Staunen und Ehrfurcht, Anziehung und Befriedigung sind die Gefühle, die die Wahrnehmung des Schönen begleiten, es sind die Gefühle, die die Menschen bewegen, das Schöne zu erreichen und sich dadurch selbst in ein Zeichen dieser Art zu verwandeln.

Das Zeichen der Vollkommenheit ist in jedem Wesen als Drang vorhanden, die Zielvorstellung verändert sich mit der Tiefe der Einsicht und der bereits erreichten Identität. Sowohl bei sich selber als auch draußen erkennt jeder Mensch die relative und die absolute Identität eines Wesens mit seinen Möglichkeiten. Obwohl die Wahrnehmungsfähigkeit individuell verschieden ist, gibt es doch Wahrnehmungsqualitäten, die fast allen Individuen zur Verfügung stehen: Das Auseinanderhalten von guten und verdorbenen Pflaumen etwa fällt fast allen leicht. Es gibt Dinge, die jeder Mensch, der bei Bewußtsein ist, wieder ausspucken würde, wenn sie in seinen Mund geraten. Natürlich gibt es umwelt- und anlagebedingte Präferenzen, aber in jedem Fall gibt es nur ein sicheres Kriterium für gut und ungut, für richtig und falsch: das Gefühl, die Wahrnehmung. Und auf dieses Kriterium baut unsere Heilswissenschaft.
 
 

EMPFINDUNGEN SIND DAS EINZIG SICHERE

Für jeden Menschen ist seine Wahrnehmung, sind seine Gefühle die letzten Grundlagen seines Bewußtseins. Zumindest praktisch bejahen alle Menschen diesen Satz: DIE EINZIG SICHERE REALITÄT SIND UNSERE GEFÜHLE. Könnten wir den Gefühlen nicht trauen, wem könnten wir trauen? Wir würden unsere Existenz verlieren, augenblicklich würde unser Körper zusammenbrechen und mit ihm die Welt für uns.
 
 

DIE FUNKTIONEN DES ICH ODER:
DIE DIMENSIONEN DES FÜHLENS

Daß wir unseren Gefühlen trauen ist also eine Voraussetzung unseres Lebens überhaupt. Und dabei bemerken wir bereits, daß wir unsere Identität noch nicht erreicht haben, daß ein Unterschied besteht zwischen dem, was wir "Ich" nennen und dem, was unsere Gefühle sind, zwischen unserem Selbstbewußtsein und dessen Voraussetzungen.

Die Gefühle sind Ergebnisse von Kommunikation, konkretisierte Beziehungen, Berichte unseres Körpers über Identität oder Nichtidentität. Gefühle sind ähnlich den Meßinstrumenten der Technik. Das Bewußtsein von ihnen enthält bereits einen Vergleich des Idealbildes der entsprechenden Empfindung mit der Wahrnehmung. Kommunikation ist Energieaustausch, die Interaktion zweier Entitäten, einerseits die Interaktion des Bewußtseins mit der Wahrnehmung, des Körpers mit der Welt - gleich ob ich einfach wahrnehme, etwa auf einer Parkbank sitzend die Szene auf mich wirken lasse oder eine Torte mit Schlagobers verzehre oder ob ich unter äußerster körperlicher Anstrengung eine Identitätskrise überwinde, etwa einen Weltrekord aufstelle oder knapp dem Tod entrinne. - Andererseits gibt es die Kommunikation (=Beziehung) zwischen dem Bewußtsein und der Vorstellung. Auch hier kann sich das Bewußtsein, das wahrnehmende Ich, rein beobachtend verhalten, wie im Traum die Bilder (= Gefühle) vorbeiziehen lassen, ohne einzugreifen, und es kann Bilder festhalten und sie in die Außenwelt projizieren, transponieren, sie verwirklichen.

Die "Innenwelt" und die "Außenwelt" sind zwei Bereiche des Ich, die obwohl erfahrungsmäßig getrennt als die beiden Seiten der Realität, doch voneinander abhängen. Die höchste Kommunikation ist die Identität der beiden, der höchste ungehinderte Energiefluß, nämlich wenn Wille und Wirklichkeit identisch sind.
 
 

DEFINITION DES "ICH"

Nach unserer bisherigen Beschreibung ist das "Ich" eine Instanz, die sich als eine Einheit weiß, indem sie fühlt. "Ich" ist also vorerst ein Name für die Tatsache des Empfindens. Das Empfinden ist eine Eigenschaft eines dazugehörigen Apparats, d. h. es ist strukturiert, und damit hat es Interessen, Ziele, die es durch Identifikation erreicht. Der Körper ist der zu den Empfindungen gehörende sensorische Apparat, die konkretisierte Struktur des Selbst. Und dahinter steht eine (unbekannte) Kraft, ein Antrieb in Richtung auf Ausgleich der Unterschiede. Davor steht dieselbe Kraft in andersartiger Struktur. Das "Ich" ist gleichsam der virtuelle Oszillationspunkt des Vergleichs der unendlichen Vielfalt der Strukturen der Kraft, wie sie uns in Form der "Außenwelt" begegnet, mit der "Innenwelt", die die Projektion des Antriebs auf die Struktur der Außenwelt ist und im Bewußtsein, im Empfinden dieses Vergleichs sich als Einheit weiß.

So gesehen erscheint das "Ich" als vollständig determiniert, wie jene Entitäten, die wir aus der Physik kennen. Und doch gibt es eine Möglichkeit für das Ich, seine Situation zu verbessern.
 
 

DIE HEILSTECHNIK

Das Ziel der Heilstechnik ist es, das "Ich" zu befähigen, seine Beziehungen zu erkennen, indem sie es lehrt, die Hindernisse seiner Wahrnehmung und der Wiedererkennung seines Ziels zu beseitigen, denn nur durch eine vollkommene Wahrnehmung kann das "Ich" seine Struktur zu höchster Vollendung führen. Nur auf diesem Weg, indem das "Ich" seine eigene Struktur wahrnimmt und daraus die Entsprechung bzw. Nichtentsprechung mit den Strukturen der Umwelt, gewinnt es Kontrolle; indem es die Gesetze befolgt, denen es unterworfen ist, verliert es seine Resentiments und erreicht die Selbstverwirklichung.

Die Heilswissenschaft kann Wissenschaft sein, weil die gattungsspezifischen Merkmale der menschlichen Struktur, die ihr Forschungsobjekt ist, eine Kommunikation ermöglicht. Und damit ermöglicht sie jedem Mitglied der Gattung, ihre Erkenntnisse für seine Probleme anzuwenden.

Die Heilswissenschaft erforscht die menschliche Form, die Einflüsse, die zu ihrer konkreten Gestalt geführt haben und die Ansatzpunkte, von denen aus dieser die ideale Erfüllung möglich wird. Es geht um die Kräfte, die diese Form erzeugen, die gebündelt das ausmachen, was wir "Ich" nennen und um die Frage der Rolle des "Ich" bei seiner Selbstverwirklichung, d.h. dabei, wie es der Kraft zum Durchbruch verhelfen und dadurch für sich selber die bestmögliche Daseinsweise erreichen kann, wie es seiner Rolle als Tor zwischen den Unendlichkeiten am besten gerecht werden kann.

Die Entfaltung der Fähigkeiten erfordert Kraft und die Heilswissenschaft untersucht die Faktoren, die diese Kraft fördern oder hemmen. Sie untersucht die Gesetze der menschlichen Selbstverwirklichung, d.h. der Identität jenes individuellen Selbst, dessen jeweiligen konkreten Energiezustand wir "Ich" nennen, mit seiner schönsten Erscheinungsform, der bewußten Energie.

Die Heilswissenschaft wird uns eine Welterklärung bieten, die das Bewußtsein des "Ich" zu dieser Identität führt, die die individuelle Entität motiviert, das Selbst hervortreten zu lassen. Diese motivierende Welterklärung ist der ideologiefreie Mythos.
 
 

DAS JUDENTUM

Das Judentum ist ein Beispiel eines derartigen seit über viertausend Jahren wirkenden Mythos.

Bis heute hat sich die hebräische Sprache lebendig erhalten, gemeinsam mit dem Bewußtsein der rassischen Gemeinsamkeit und dem ungeschwächten Glauben an einen Mythos, der dieses Volk schon aus Ägypten herausgeführt hat, trotz Verfolgungen, Gefangenschaften und Zerstreuung über alle Welt. Die positiven Erfahrungen der Juden mit ihrem Mythos sind bis heute so stark, daß Juden in aller Welt hervorragende Positionen einnehmen; aufgrund ihres durch ihren Mythos geprägten Verhaltens halten sie heute einen unerhört überdurchschnittlichen Anteil des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts und Kapitals der Welt. Es ist nicht eine jüdische Verschwörung und doch ist es eine.

Der Erfolg der Juden ist nicht ihre Schuld - wenn in dem Zusammenhang irgend jemand eine Schuld trifft, dann die, denen die Wirkkraft eines Mythos, wie des der Juden, fehlt. Es ist deren Unaufmerksamkeit, die den Juden überdurchschnittliche Chancen einräumt.

Im Grunde geht es beim jüdischen Mythos um die Identität des unabänderlichen Selbst mit dem persönlichen "Ich". Das bedeuten die Kurzformeln "Ich bin, der ich bin" und "Ich habe einen Bund mit meinem Volk geschlossen, der mich nicht reuen wird". "Ich bin der ich bin" offenbart sich dabei in Vollendung als freier Wille, der reine Energie ist und auf seinem Weg - der Befreiung des Selbst aus seiner konkreten unvollkommenen Form im "Ich" — verschiedene Stufen des Heldentums, d.h. des unbedingten Glaubens, beinhaltet. Durch seine vorbildhaften Beispiele von Jakob bis Elia bewirkt der jüdische Mythos eine Veränderung des individuellen Lebens der Glaubensgenossen und erweist sich damit als eine wirksame Methode, die persönliche Kraft zu vermehren mit dem Ziel der Verwirklichung des Selbst, d.h. der Erscheinung des Menschen als Energie, d.h. der Erscheinung der "Herrlichkeit Gottes" in menschlicher Gestalt.
 
 

DAS CHRISTENTUM

Das Christentum hat in seinen Anfängen diesen Mythos vom Judentum übernommen und ihn in Jesus zur Vollendung gebracht gesehen. Doch sowohl Juden als auch Christen sind heute in ihrer Mehrheit durch die große zeitliche Entfernung vom verwirklichten Mythos von diesem entfremdet.
 
 

DIE SELBSTVERWIRKLICHUNG (=IDENTITAT)

Die Welt ist wie ein Ball, aus dem die verschiedensten Gebilde wachsen, die als Sensoren einander über eine Distanz hinweg wahrnehmen, obwohl sie auch durch den Ball, dessen Ausbuchtungen sie sind, direkt miteinander verbunden sind. Diese Wahrnehmungsinstrumente müßten nun schon sehr behindert sein, wenn sie einander nicht als dasselbe erkennen würden über alle Distanz hinweg.

Aber tatsächlich haben viele Menschen diese Erkenntnis verloren, daß das Rind, das sie essen, das Eisen, das sie schmieden, die Mücke, die sie sticht, die Pflanze, die sie zertreten oder der Ozean auf der anderen Seite der Welt dasselbe sind wie sie: Ausbuchtungen des Energieballs Kosmos.

Vollkommen sind die, in denen sich die Energie unverhüllt offenbaren kann, weil sie ihre eigene Lage völlig klar erkannt haben und weil sie die Energie aus sich herauslassen, sich ihr anpassen, indem sie ihr "Ich" formen, bis es seine vorgegebene Struktur verliert, d.h. jede Form annehmen kann, sich jeder Form anpassen kann, wie es die Energie selber tut.

Aber wie könnte ein Mensch aus seiner konkreten Form ausbrechen? Indem er mehr und mehr lernt, sich anzupassen, erreicht er mehr und mehr, was er will. - Das ist der Grund, warum sich der Papst "Diener der Diener Gottes" nennt. - Die, denen wir dienen, sind unsere Verbündeten (und sie gehen in unsere Kalebasse — wie Don Juan, der indianische Zauberer sagte), sie stehen zu unserer Verfügung, wie beängstigende Mächte sie auch sein mögen, ob Volksmassen oder andere Energien. Wenn wir uns am Ende der ganzen Welt anpassen, ihr "dienen" und sie lieben, werden wir keine Kleinigkeit als zu klein für unsere Aufmerksamkeit erachten und daher werden wir genau die optimale Position, die wir in der Welt unserem momentanen Wissens- und Fähigkeitsstand gemäß einnehmen können, einnehmen, und die könnte in einem fortgeschrittenen Stadium bereits außerhalb des Wahrnehmungsbereiches des westlich zivilisierten Normalbürgers liegen.
 
 
 
 
 
 
 
 

SEHEN
 

Lernen heißt sehen lernen
Wahrnehmen
Klug ist
Wer mit sich
Die Lücken dessen füllen kann
Was er sieht
Er hat das Wissen
Wer auf einen Blick die Szene erfaßt
Und seinen Platz einnimmt
Ist ein Meister seiner selbst
Ein Heiliger
Ein Zauberer
Ein Star
 
 
 

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